Open Innovation – der gezielte Austausch von Wissen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, um neue Ideen voranzutreiben – ist heute weit verbreitet und fester Bestandteil moderner Innovationsstrategien. Dennoch bleibt der Erfolg häufig aus. Denn die eigentliche Herausforderung liegt nicht nur darin, Ideen zu generieren, sondern darin, mit den richtigen Partnern zur richtigen Zeit unter den richtigen Bedingungen zusammenzuarbeiten.

Unternehmen, die heute über ihre eigenen Grenzen hinausblicken, müssen ihre Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten, Start-ups – und manchmal sogar mit Wettbewerbern – ganz neu denken. Henry Chesbrough, der das Konzept der Open Innovation bekannt gemacht hat, bringt diesen Wandel in seinem Buch Open Innovation Results (2020) gut auf den Punkt: „Früher war das Labor unsere Welt, heute ist die Welt unser Labor“.

Diese neue Offenheit schafft enorme Chancen – bringt aber auch Komplexität mit sich. Ohne eine durchdachte Herangehensweise drohen Frust, Ressourcenverschwendung und eine wachsende Skepsis gegenüber dem Thema. Laut State of Corporate Innovation Report 2025 betreiben mittlerweile 36 % der Unternehmen Open Innovation. Damit ist sie die dritthäufigste Form von kollaborativer Ideengenerierung. Das Konzept ist also populär, doch der Umgang damit bleibt vielerorts holprig, und viele Unternehmen haben noch Schwierigkeiten, ihr Potenzial voll auszuschöpfen.

1. Vereinfachen Sie den Prozess – statt ihn zu überregulieren

Ein zu komplizierter Innovationsprozess kann den freien Wissensfluss eher behindern als fördern. Vom frühen Stadium (wo Ideen gesammelt werden) bis zur Wertberechnung (wo Ideen validiert und skaliert werden) gilt: Zu viele Regeln und starre Strukturen bremsen den Fortschritt.

Was läuft schief? 

  • Komplexität ohne Mehrwert: Rigide aufgebaute Stage-Gate-Prozesse oder überdetaillierte Portfoliomanagement-Vorgaben erschweren die Zusammenarbeit unnötig – gerade in frühen Phasen
  • Schlechte Nutzererfahrung: Wenn die Teilnahme an einer Innovationskampagne wie ein Bürokratiemarathon wirkt, springen potenzielle Partner schnell wieder ab
  • Mangelnde Flexibilität: Standardisierte Einreichformulare funktionieren selten für die Vielfalt an Innovationsideen und -kontexten

Was hilft wirklich?

  • Starten Sie schlank: Lieber klein und klar anfangen – mit einem Fokus auf konkrete, umsetzbare Ergebnisse. Nachbessern kann man später immer noch
  • Machen Sie den Selbsttest: Gehen Sie selbst mal den Weg durch die Kampagne – wo hakt es? Würden Sie als Externer mitmachen wollen?
  • Bleiben Sie agil: Holen Sie sich Feedback und entwickeln Sie den Prozess schrittweise weiter – Innovation braucht Agilität, nicht Starrheit
     

Viele Unternehmen starten ihre Innovationsprogramme ohne klaren Fokus oder Struktur – und laufen damit ins Leere. So erging es zunächst auch Liberty Global: Als das Unternehmen seine Innovationsplattform und -initiative Spark in mehreren Ländern ausrollte, fehlte es an Verantwortlichkeiten und einem gemeinsamen Ziel – mit entsprechend mäßigem Output.

Die Lösung: ein einfacher, zentral gesteuerter Prozess in Zusammenarbeit mit HYPE Innovation. Mit klar definierten “Ideenkampagnen“, konkreter Zuständigkeit und den nötigen Ressourcen gelang es, die Beteiligung zu steigern – und sogar eine Idee weltweit zu skalieren. Das Ergebnis: ein beeindruckender ROI von 30 Millionen Euro.

2. Nutzen Sie Daten gezielt – ohne den menschlichen Faktor zu verlieren

Automatisierung und KI können Open Innovation deutlich beschleunigen, beispielsweise bei der Trendanalyse, der Auswahl geeigneter Partner oder der Bewertung von Ideen. Aber: Entscheidungen sollten nicht rein datenbasiert getroffen werden.

Was läuft schief? 

  • Verpasste Chancen: KI liefert oft die naheliegenden, konventionellen Lösungen – ungewöhnliche, kreative „Wildcard“-Ideen bleiben außen vor, weil sie nicht ins Raster passen
  • Zu wenig Nähe: Open Innovation lebt von Vertrauen, Zufällen und echtem Miteinander – Dinge, die kein Algorithmus ersetzen kann
  • Fehlendes Augenmaß bei Risiken: Während KI Risiken identifizieren kann, braucht es menschliches Urteilsvermögen, um z. B. kulturelle Passung oder strategischen Fit richtig einzuschätzen


Was hilft wirklich?

  • Sehen Sie Daten als Orientierung, nicht als Dogma: KI kann ein starker Helfer sein – aber Entscheidungen gehören in erfahrene Hände
  • Setzen Sie auf Beziehungen: Nehmen Sie sich Zeit, Ihre Partner kennenzulernen – jenseits von KPIs. Ohne Vertrauen bleibt der Erfolg meist aus
  • Nutzen Sie Technologie als Tool, nicht als Ersatz: Automatisierung kann Entscheidungen unterstützen – aber nicht die menschliche Intuition und Erfahrung ersetzen

Gartner zufolge scheitern viele Innovationsprojekte daran, dass Unternehmen sich von “glänzender“ neuer Technologie blenden lassen – ohne deren Relevanz für echte Kunden-bedürfnisse oder Geschäftsanforderungen zu prüfen (Gartner Research, 2024). Das führt zu Lösungen, die niemand braucht. Besser: Tech-Potenziale mit echtem Marktverständnis verbinden – also herausfinden, wo es beim Kunden wirklich hakt und genau dort ansetzen, um sinnvolle Innovation voranzutreiben.

3. Schützen Sie IP – aber bremsen Sie Kooperation und Innovation nicht aus 

Das Thema geistiges Eigentum bzw. IP (Intellectual Property) bei Open Innovation ist völlig zurecht ein sensibles Feld. Doch wer den Fokus zu früh auf Schutz statt auf Zusammenarbeit legt, erstickt häufig die Kreativität, bevor überhaupt Partnerschaften entstehen.

Was läuft schief? 

  • Angst vor Rechtsstreit: Übermäßig restriktive Verträge schrecken gerade Start-ups und Einzelpersonen schnell ab
  • Geheimhaltung lähmt Offenheit: Eine “Not invented here“-Mentalität macht es externen Ideen schwer, überhaupt Gehör zu finden
  • Fehlinvestitionen: Wer zu früh zu viel Energie in Schutzmechanismen steckt, verliert Zeit und Ressourcen, die eigentlich der Innovation dienen sollten

Was hilft wirklich?

  • Legen Sie früh einfache Spielregeln fest: Starten Sie lieber mit schlanken Standardvereinbarungen wie NDAs, bei Bedarf können Sie später nachjustieren
  • Setzen Sie auf Balance statt Blockade: Stellen Sie erst die Zusammenarbeit in den Fokus – und klären Sie dann die IP-Bedingungen
  • Teilen Sie Wissen statt es zu bunkern: Wenn der Fokus auf Wertschöpfung liegt und nicht nur auf Absicherung, kann echte Innovation entstehen

Trotz der Relevanz geistigen Eigentums haben laut State of Corporate Innovation Report 2025 nur 16 % der Unternehmen einen klar strukturierten IP-Ansatz, der mit ihrer Innovationsstrategie verknüpft ist. Die Folge: Unsicherheit, Verzögerungen und verpasste Chancen. Wer dagegen auf transparente und flexible Schutzkonzepte setzt – zum Beispiel entlang der ISO-Norm 56005 für IP-Management – schafft eine stabile Grundlage für erfolgreiche Innovationspartnerschaften.

Fazit: Machen Sie Open Innovation zu Ihrem Erfolgsfaktor

Open Innovation bedeutet weit mehr, als nur Ideen zu sammeln. Es geht darum, tragfähige Beziehungen aufzubauen, Zusammenarbeit zu vereinfachen und informierte Entscheidungen zu treffen. Wer übermäßige Komplexität vermeidet, Technologie mit menschlichem Urteilsvermögen in Einklang bringt und geistiges Eigentum schützt, ohne Kreativität zu blockieren, kann Open Innovation gezielt in einen Wettbewerbsvorteil verwandeln.

Analyst Gartner betont: Die erfolgreichsten Innovatoren zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie neue Chancen frühzeitig erkennen (“Where to Play“), sondern auch darin, dass sie Ideen schneller und effektiver skalieren als ihre Wettbewerber (“How to Win“) (Gartner Research, 2024).

Wenn Sie Ihre Open-Innovation-Strategie weiterentwickeln möchten, sollten Sie Ihre aktuellen Prozesse kritisch analysieren, bestehende Engpässe identifizieren – und konkrete Schritte einleiten, um Hindernisse für Kooperation abzubauen.

Sie möchten Open Innovation gezielt als Wettbewerbsvorteil nutzen?
Dann entdecken Sie praxisbewährte Ansätze in unserem Leitfaden:
Sieben Erfolgsfaktoren für das Management starker Partner-Ökosysteme (Englisch).

 

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